Abenteuer

Wüstenexperte

Mit Amur und Assad im Oman

Mehr als mein halbes Leben gehe ich nun schon in die Wüste. Die Wüste ist mein Sehnsuchtsort und nach Jahrzehnten sowie rund zweihundert Reisen, ist sie auch meine zweite Heimat geworden.
Das Handwerk und Wissen der Nomaden habe ich mir Stück für Stück angeeignet. Ich spreche ihre Sprache und tiefe Freundschaft verbindet mich mit Menschen aus vielen Ländern. Man begegnet sich mit großem Respekt und würde füreinander sogar die Hand ins Feuer legen. Wenn man so intensiv und über einen langen Zeitraum immer wieder in die Wüsten reist, ist es fast logisch, dass man irgendwann zum echten Kenner, einem großen Wüstenexperten, wird.

Wüstenführer

Mit einer Puretreks-Wandergruppe in der Rub al Khali, Oman

Im Jahr 2003 habe ich meinen Managerjob an den Nagel gehängt. Mit der Gründung des kleinen und hochspezialisierten Reiseunternehmens Puretreks konnte ich endlich meine Passion für die Wüste und das Reisen zum Beruf machen. In bald zwanzig Jahren haben mein kleines Team und ich einige tausend abenteuerlustige TeilnehmerInnen zu den letzten unberührten Regionen unseres einzigartigen Planeten geführt. Ich mag den Job im Büro, das Organisieren und Planen der Trips – aber genauso gerne bin ich auch als Wüstenführer mit meinen Wandergruppen unterwegs.  Das Unterwegssein ist für mich Kraftquelle und ich versuche, für mindestens einige Monate im Jahr Wanderstiefel gegen Laptop einzutauschen.

Expeditionsreisen

Unterwegs im Sandmeer

Extrem und pur – so fing alles einmal an: Mit schwerem Rucksack bin ich mit meinem Bruder durch unbekannte Wüstenlandschaften gezogen. Und auch heute versuche ich, hin und wieder den „normalen“ Reisealltag mit einem besonderen Expeditionsprojekt zu würzen. Während einer Expedition finde ich dann zurück zu den Wurzeln, perfektioniere das Prinzip Reduktion und spüre den ursprünglichen Geist des Reisens: Alles ist möglich (auch ein Scheitern) und das Unerwartete ist ein ständiger Begleiter.

Hier findest Du einen Auszug meiner besonderen Abenteuer:

Expedition Amundsen

   Land: Norwegen
   Region: Hardangervidda
   Jahr: 2016
   Reisetyp: „Das härteste Skirennen der Welt“
   Team: Jerome Blösser + Lukas Rinner

Nachtetappe beim härtesten Skirennen der Welt

Roald Amundsen ist ein Nationalheld in Norwegen und wird fast wie ein Heiliger verehrt. Als Tribut an seine außerordentlichen Leistungen haben ein paar verrückte Norweger das härteste Ski-Rennen der Welt ins Leben gerufen. Expedition Amundsen – kurz EXA – nennt sich die Veranstaltung und die Strecke folgt der historischen Route durch die Hardangervidda, wo Amundsen im Winter 1896 bei dem Versuch einer Durchquerung beinahe sein Leben verlor.
Rund einhundert Kilometer müssen die Teilnehmer, allein oder im Team, zurücklegen und im besten Fall Nonstop – bis auf wenige obligatorische Ruhepausen – ins Ziel finden. Es gibt keine Verpflegung oder Support von Außen und jeder zieht einen sogenannten Pulkaschlitten mit Ausrüstung und Proviant durch die nordische Eiswüste.

Durchquerung der Namibwüste

Mit meiner Frau Stephanie bei der Namib-Durchquerung

   Land: Namibia
   Region: Skelettküste – Sossusvlei
   Jahr: 2013
   Reisetyp: Trekking Expedition
   Teamleitung: Jerome Blösser

Einmal die Namib durchqueren – das war schon lange mein Traum. Ich wollte die Strecke vom Atlantik bis nach Sossusvlei direkt durch die Dünen zu Fuß machen. Noch kein Mensch hatte das je zuvor versucht und es war viele Jahre lang unmöglich, eine Sondergenehmigung der Regierung zu erhalten, um den Nationalpark betreten zu dürfen. 2013 endlich lag dann das Permit auf dem Tisch und das Abenteuer konnte starten! Das kleine Team, bestehend aus mir, den Namibiern Roi und Leander, sowie meiner Frau Stephanie, startete direkt am Ozean, an der berüchtigten Skelettküste und der Weg führte uns immer landeinwärts durch die sensationelle Dünennamib. Da es auf der gesamten Route keine Wasserstelle gibt, mussten wir den kompletten Wasservorrat in unseren riesigen Rucksäcken tragen. Wir hatten Nebel, leichten Sandsturm, Begegnung mit einer Schlange und zum Ende sogar Wasserknappheit. Doch erreichten wir sicher das Ziel Sossusvlei, wo uns ein Jeep mit herrlich kühlem Bier erwartete.

Island Winter Durchquerung

   Land: Island
   Region: Hochland
   Jahr: 2013
   Reisetyp: Ski Expedition
   Teamleitung: Jerome Blösser + Martin Hülle

Ersehntes Ziel nach der Durchquerung Islands: Die Südküste der Insel

Nach der erfolgreichen Durchquerung des grönländischen Inlandeises wurde es irgendwann Zeit für ein neues, besonderes Winterprojekt. Seit Jahren war ich auf Island auch als Guide unterwegs, hatte 2010 den Vatnajökull Gletscher überquert und die Insel aus Feuer und Eis ins Herz geschlossen. Gemeinsam mit Martin Hülle, meinem Partner in Grönland, entschlossen wir uns, die Insel im Winter mit Ski und Pulka zu überqueren. Das Projekt würde eine kommerziell geführte Expeditionsreise werden, die ich mit Puretreks anbiete.

Im März 2013 war es dann soweit. Ein Team aus 7 Abenteurern machte sich mit Unmengen Gepäck auf den Weg nach Island. Im Norden der Insel, in der Nähe der Hafenstadt Akureiry ging es los. Die ersten Tage immer stürmisch, miese Sicht und viel Schneefall. Dann über die Sprengisandur Hochlandwüste. Im Sommer ist hier nicht viel außer schwarzer Lava und eine Wanderung ziemlich monoton. Jetzt, mit Schnee und vor allem endlich blauem Himmel, war die Gegend sogar ziemlich schön. Am Vonaskars, dem Pass der Hoffnung, stiegen wir dann auf den Vatnajökull Gletscher und weiter in Richtung Südküste. Vom Rand des Gletschers mussten wir dann wegen Schneemangel unsere schweren Schlitten und komplette Ausrüstung 15 Kilometer bis zur Ringstraße hinunter schleppen. Wir hatten Island von Nord nach Süd im Winter erfolgreich durchquert!

Edeyen Murzuq Durchquerung

   Land: Libyen
   Region: Murzuq Sandmeer
   Jahr: 2010
   Reisetyp: Expeditionskarawane
   Teamleitung: Jerome Blösser

Unsere große Karawane im Niemandsland des Murzuq Sandmeeres

Im Südwesten von Libyen liegt das unberührte Sandmeer des Erg (oder Edeyen) Murzuq. Dieses Sandmeer von gigantischem Ausmaß, galt lange als der heißeste Ort der Erde. Es gibt keine Wasserstelle und kaum ein Tier wagt sich in diese Terra Incognita aus hunderte Meter hohen Dünen hinein. Selbst die großen Handelskarawanen machten einst einen Bogen um den Murzuq. Bis 2010 hatten überhaupt nur drei Expeditionen den Murzuq zu Fuß erkundet.

Einmal stand ich am Rand des Sandmeeres, wo sich Dünengipfel bis zum Horizont aneinanderreihen, und ich hatte die verrückte Idee: Hier muss ich mit einer Karawane durch! Die Projektidee war geboren, die intensive Vorbereitung lief fast ein Jahr und im Januar 2010, dem kühlsten Monat in der Sahara, starteten wir im Nordosten des Murzuq mit 24 Kamelen, 5 einheimischen Tuareg und einem ausgesuchten, wüstenerfahrenen Team. Wir hatten Unmengen auf die Kamele geladen, um drei Wochen völlig autark unterwegs sein zu können. Gepäck, Essen, 1.750 Liter Wasser und sogar vier Kamele trugen ihr eigenes Futter, da im Murzuq nicht mit ausreichend Tierfutter zu rechnen war.

Um so tiefer wir in den Murzuq hineinstießen, desto einsamer wurde es. Oft fühlten wir uns wie auf einem fernen Planeten aus Sand. Und doch gab es im Zentrum plötzliche Lebenszeichen, Zeugen einer längst verschwundenen Epoche: Wir fanden unzählige Steinwerkzeuge und Artefakte, die schon vor 90.000 Jahren bis in die Jungsteinzeit hinein von Menschen hier benutzt worden sind. Damals sah die Landschaft noch anders aus, denn die Sahara ist ja erst wenige tausend Jahre so trocken wie heute.
Obwohl wir manchmal kaum 10 Kilometer in 8 Stunden über Berge aus Sand schafften, erreichten wir schon nach gut zwei Wochen das südwestliche Ende des Sandmeers. Auf uns wartete ein Festessen, natürlich eine wohlverdiente Dusche und auch die Kamele waren ganz wild auf frisches, sattgrünes Futter, bevor sie nochmal einige hundert Kilometer Heimreise nach Algerien antreten würden.

Badain Jaran Shamo Nord-Süd Traverse

   Land: Innere Mongolei (China)
   Region: Badain Jaran Wüste
   Jahr: 2009
   Reisetyp: Rucksack Expedition
   Teamleitung: Jerome Blösser

Das Kloster Badain Jilin von 1755 am gleichnamigen Wüstensee

Die Badain Jaran Shamo ist eine Wüste der Superlative: Mehr als 80 Seen verstecken sich hier zwischen sogenannten Megadünen. Mongolen leben mit ihren Kamelherden an diesen einsamen Wasserflächen und es gibt sogar ein altes lamaistisches Kloster, welches seit 1755 am Ufer des heiligen See von Badain Jilin steht. Ich hatte bereits eine Karawanenreise in der Badain Jaran im Reiseprogramm aber eine Durchquerung der gesamten Wüste autark und nur mit Rucksack reizte mich sehr. 2009 konnte ich dann endlich mit einem Münchner Freund eine kleine Expedition auf die Beine stellen. Ziel war es, die Dünen der Badain Jaran von Norden nach Süden zu Fuß zu durchqueren. Nach meinen Berechnungen wäre dies sogar ohne Kamele möglich. Natürlich müssten wir alles selbst im Rucksack tragen, doch Wasser hätten wir spätestens alle drei Tage an den Camps der Mongolen.

Startpunkt der Expedition war Shugui, ein kleines Geisterdorf am Nordrand der Dünen. Die Wüste oberhalb vom 40. Breitengrad war militärisches Gebiet also musste uns ein Mongole mit seinem Kamel zunächst bis zu dieser Grenze begleiten. Von hier aus ging es dann zu zweit weiter. Die Sandgipfel wurden immer höher und dann erreichten wir die ersten Megadünen, die bis 600 Meter messen. Fast surreal liegen die Wüstenseen dazwischen und begleiteten uns fast auf der ganzen Route bis zum südlichen Ende der wohl schönsten Wüste der Welt.

Grönland Inlandeis Durchquerung

   Land: Grönland
   Region: Inlandeis
   Jahr: 2008
   Reisetyp: Ski Expedition
   Team: Jerome Blösser + Martin Hülle

Mehr als 100 Kilo: Die komplette Ausrüstung für 30 Tage ziehen wir in den Pulka-Schlitten hinter uns her

120 Jahre nachdem der Norweger Fridtjof Nansen das Inlandeis Grönlands überquert hatte, machten sich 2008 Martin Hülle und ich gemeinsam auf die Reise in den hohen Norden, das Gleiche zu versuchen. Zu zweit wollten wir – wie Nansen – völlig autark mit Ski und Pulka-Schlitten die unermessliche Weite des Inlandeises nur aus eigener Kraft überwinden. Unsere Expedition war ein modernes Abenteuer, welches auf den Strategien erfolgreicher Expeditionen aufbaute aber natürlich technisch und ausrüstungsmäßig auf neuestem Stand sein würde. Fast ein Jahr vor der eigentlichen Expedition begann die Arbeit am Projekt, denn es gab es viel zu planen, Gepäcktransport und Permits zu organisieren, die Finanzierung sicher zu stellen und die umfangreiche Ausrüstung für eine solch anspruchsvolle Expeditionsreise zusammenzustellen.

Im April 2008 flogen wir über Island an die Ostküste von Grönland nach Kulusuk und weiter nach Tasiilaq. Von dort ging es per Helikopter zum Startpunkt, einem kleinen Fischerort an der noch zugefrorenen Küste. Der Aufstieg aufs Inlandeis war hart, denn wir hatten sicher mehr als 100 Kilo Ausrüstung zu ziehen aber zwei Dinge pushten uns, möglichst schnell nach oben zu gelangen: Zum einen Eisbären, die sich nur in Küstennähe aufhalten und zum anderen der gefürchtete Piterak, der hier mit bis zu 300 Stundenkilometern vom kalten Inlandeis wie ein gigantischer katabytischer Fallwind zur Küste hinabstürzen kann.

Auf dem Inlandeis kamen wir die ersten Tage wegen durch Schneestürme extrem zerfurchtem Untergrund nur mühsam voran. Erst im Zentrum der Inlandeiskappe wurde es dann besser und unsere Tagesetappen wuchsen. Knapp zweihundert Kilometer vor dem westlichen Eisrand, besuchten wir eine verlassene Radarstation aus dem kalten Krieg, die inmitten des weiten Nichts steht und hatten dann beim Abstieg eine 22-stündige Marathonetappe, bevor wir nach 30 Tagen das erste Mal wieder „festen“ Grund unter den Füßen hatten.

Mauretanien Wüstentrekkings

   Land: Mauretanien
   Region: Adrar
   Jahr: 1996 – 2008
   Reisetyp: Rucksack Expedition / Karawane
   Teamleitung: Jerome Blösser

Navigation mit Peilkompass in der mauretanischen Sahara

Der geschätzte Schriftsteller Andreas Altmann beschreibt in seinem Buch „Weit weg vom Rest der Welt“ Mauretanien sei nicht wie eine fremde Welt, sondern eher wie eine entfernte Galaxie. Vielleicht war das einer der Gründe, warum es meinen Bruder und mich, nachdem in Algerien Bürgerkrieg tobte, in dieses Land verschlug. Wir flogen mit Air France via Paris in die „malerische“ Hauptstadt Nouakchott. Wo vierzig Jahre zuvor nur zwei Zelte standen, war in den 1990er Jahren bereits eine echte Stadt mit Märkten, Fischhandel, schäbigen Hotels und sogar einer einzigen Verkehrsampel gewachsen. Wollte man ins Landesinnere, ging kein Weg an Nouakchott vorbei. Von hier aus organisierten wir uns die weiteren Reisen in die Wüste mit dem Buschtaxi. Eine touristische Infrastruktur gab es zu dieser Zeit nicht.

Die Expeditionen waren körperlich hart aber dafür hatten wir das Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Wir wanderten oft wie auf einem fremden Planeten durch menschenleere Landschaft und wurden wahre Meister im Prinzip der Reduktion. Wenn man sein Gepäck selbst trägt, darf man nur das Nötigste im Rucksack haben.

Irgendwann ging ich meine ersten Solotouren in die Wüste und startete zeitgleich mein Reiseunternehmen Puretreks, mit dem ich Karawanenreisen veranstalte und auch Rucksack-Expeditionen für sehr sportliche Wüstenwanderer organisierte.

Anfänge

   Land: Algerien
   Region: Grand Erg Oriental
   Jahr: 1993 – 1995
   Reisetyp: Rucksack Expedition / Motorradreise
   Team: Jerome Blösser + Buba Blösser

Wie auf einem fremden Planeten – unterwegs im Grand Erg Oriental, ca. 1994

Wüste war schon mein Kindheitstraum und mit Anfang Zwanzig kam endlich meine erste Wüstenreise. Mit dem Motorrad ging es via Tunesien nach Algerien bis in die Zentralsahara. Schnell fand ich aber heraus, dass das Gehen die einzig adäquate Art des Reisens durch die Wüste ist. Schon die zweite Tour sollte deshalb zu Fuß sein. Wieder ging es nach Algerien, ein wunderschönes Wüstenland aber damals bereits in den Anfängen eines fürchterlichen Bürgerkrieges.

Die ersten Wandertouren machte ich alle gemeinsam mit meinem Bruder. Er war der Vorweggeher und ich hatte das Glück, persönlich wachsen zu können und mit jeder Tour Wissen und Selbstvertrauen zu gewinnen.

Mit 40 Jahre alten Karten zogen wir durch den großen östlichen Erg (Sandmeer) und suchten die auf dem Papier verzeichneten Wasserstellen. Es waren prägende Reisen und ich war schon längst unheilbar mit dem Wüstenbazillus infiziert.